Traumhafte Sandstrände auf der entlegensten Insel der Ostsee, uriger Kiefernwald und historische Gebäude entlohnen den Besucher für die aufwändige Anfahrt in den Gotska Sandön Nationalpark.
Ich habe mich lange gefragt, ob ein Blogbeitrag nach so langer Zeit überhaupt noch geschrieben werden sollte. Aber die Erlebnisse auf der Fahrt zum Nationalparks und auf Gotska Sandön waren so abenteuerlich, dass ich mich entschieden habe, es doch zu tun, obwohl die Ereignisse völlig aus der Zeit gefallen scheinen.
Schwierigkeiten durch Corona
Drei Jahre liegt es nun zurück und es war mitten in der Corona-Pandemie. Jeglicher Schiffsverkehr zu der Insel war eingestellt worden. So hatte ich die Tour auch mehrfach verschoben in der Hoffnung, die Passage würde wieder geöffnet. Parallel hatte ich nach Alternativen gesucht. Nur dieser eine Park fehlte mir noch. Ohne ihn drohte auf der letzten Etappe mein komplettes Projekt zu scheitern.
Von allen Alternativen mit den Versorgungsbooten der Nationalpark-Ranger, über verschiedene Motorbootbesitzer und Segler war nur noch Börje übrig geblieben. Ein erfahrener Hochsee-Regatta-Segler mit einem Trimaran. Mehrfach hatten wir die Tour wegen schlechtem Wetter verschieben müssen. Nun Mitte September blieben mir nur noch drei Tage vor meiner Heimreise und das Wetter war wieder schlecht!
Verzweifelt redete ich am Telefon auf Börje ein, bis er schließlich einwilligte, es am nächsten Tag doch zu versuchen. Er sah ein kleines Zeitfenster, eventuell müssten wir am selben Tag zurück. Bang verbrachte ich die Nacht im Auto am Jachthafen, wo mir Börje einen Parkplatz verschafft hatte. Der Wind rüttelte am Auto und ließ meine Hoffnung schwinden. Zu oft hatte ich nun erlebt, was schon viel weniger Wind im Hafen draußen auf See bedeutete.
Das Abenteuer Gotska Sandön beginnt
Mit ernstem Gesicht holt mich Börje am Morgen wie versprochen ab. Er will es versuchen. Zur Verstärkung hat er Daniel angeheuert, einen erfahrenen Segler, denn bei diesen Bedingungen braucht er draußen jemanden, auf den er sich verlassen kann.
Börje war einmal bei einer großen Regatta in Führung liegend spektakulär gekentert, was seinerzeit groß durch die schwedische Presse ging. Hier geht es nicht um den Sieg, sondern darum einen deutschen Journalisten sicher nach Gotska Sandön und zurück zu bringen.
Ich merke Börje seine Erfahrung an und seine ruhige Art vermittelt mir schnell eine beruhigende Sicherheit. Dennoch ist die Überfahrt für mich extrem hart. Schnell ist meine ungeeignete Outdoor-Bekleidung völlig durchnässt und ich zittere am ganzen Leib. Ich muss unter Deck. Börje will mich zunächst gar nicht hinunterlassen, aus Angst ich könnte mich dort übergeben. Schnell sieht er jedoch ein, dass es so nicht geht. Aus der Kajüte versuche ich den Horizont zu fixieren, um mich nicht in den kleinen Eimer, den ich zwischen meine Beine geklemmt habe, zu erbrechen. Aber die Wellen sind so hoch, dass der Horizont immer wieder hinter ihnen verschwindet.
Quälende Überfahrt
In der harten Carbon-Rennjacht ist es nicht wärmer, aber wenigstens bin ich dem Wind nicht ausgesetzt. Hart klatscht das Boot im rechten Winkel in jede neue steile Welle. Mir ist nur noch elend und die Stunden werden zur Tortour. Aber die Vorstellung, dass wir vielleicht nicht ankern können und auf direktem Weg wieder zurück müssen, macht mir genauso zu schaffen. Es gibt auf Gotska Sandön keinen Hafen, nicht einmal eine geschützte Bucht und mir ist überhaupt nicht klar, wie Börje bei diesen Bedingungen dort Ankern will.
Völlig überrascht bin ich dann, als im Windschatten der Insel kaum Wellen herrschen. Der kiellose Trimaran ist hier von Vorteil, weil er so nahe ans Ufer kann. Zusammen mit Daniel vertäut Börje die Rennjacht zusätzlich ans Ufer.
Die Beiden schauen mich fassungslos an, als ich in meinem Zustand sofort an Land will. Dramatische Wolken und Sonne wechseln einander ab und ich will die Chance unbedingt nutzen, bevor die Sonne untergeht. Mit dem kleinen Dingi, das wohl nur für eine Person gedacht ist, bringt Börje mich an Land. Nun ist auch meine Reservekleidung nass.
Ein Abend im Nationalpark
Kaum an Land renne ich los, den Strand entlang Richtung Bredsandsudde an der Nordspitze der Nationalpark-Insel. Das Licht ist phantastisch! Aber Börje hat darauf gedungen, dass ich auf dem Boot übernachten sollte, damit man jederzeit losfahren könne. Würde der Wind nur um wenige Grad drehen, könnten wir nicht mehr bleiben. Also bleibe ich nicht dort bis die Sonne hinterm Horizont verschwindet, sondern renne im Sonnenuntergang zurück.
Auf halbem Weg stehen auf einmal Parkranger am Strand. Mir bleibt wenig Zeit, um ihnen zu erklären, dass ich schnell zum Boot zurück muss, aber ich stellte in Aussicht, dass ich vielleicht morgen bei Ihnen vorbeischauen würde. Eine viertel Stunde später erreiche ich das Boot und Börje holt mich mit dem Dingi wieder vom Strand ab. Diesmal bin ich so schlau, die inzwischen getrockneten Kleider zur Fotoausrüstung in den wasserdichten Packsack zu stecken, so dass nur meine Unterhose nass wird.
Die Parkranger von Gotska Sandön
Die Nacht gestaltet sich unangenehm, irgendwie ist auch mein Schlafsack nass geworden. Am Morgen bin ich jedoch wieder voller Tatendrang. Der Gotska Sandön Nationalpark ist zu groß, um ihn an einem Tag zu erkunden, aber Börje besteht darauf, am Abend vor Sonnenuntergang die Insel zu verlassen. Ich habe also einen anstrengenden Tag vor mir, um das beste daraus zu machen. Kaum bin ich an Land und über die erste Sanddüne, begegnen mir wieder die Ranger in ihrem Geländewagen. Ich frage, ob sie mich ein Stück mitnehmen würden, was sie verneinen. Die Begegnung ist komisch, aber ich versuche das fürs erste auszublenden und mich auf meine Arbeit zu konzentrieren.
Daniel, der kurze Zeit später an Land geht, um sich die alte Kapelle anzuschauen, in der er seit seiner Konfirmation hier nicht mehr war, wird mir später berichten, dass er mitbekommen hat, wie die Ranger gerade die Küstenwache informierten. Ihnen ist in Pandemiezeiten wohl jeder Besuch suspekt, speziell bei solchen Bedingungen auf See.
Interessante Ausstellungen
Ahnungslos spule ich währenddessen mein Programm ab. Zunächst renne ich wieder den Strand nach Bredsandsudde und bin überglücklich, meinen Verlaufsfilter samt Halterung, halb von den Wellen im Sand vergraben, wiederzufinden, den ich am Vortag beim Rennen verloren habe. So biege ich auch gleich ins Innere des Nationalparks ab, um durch den wunderbaren Kniefernurwald den Leuchtturm von Gotska Sandön zu erreichen. Die Tür ist offen und ich bestaunte die alte Technik und historischen Pläne, die hier ausgestellt sind.
Weiter geht es zum Zentrum mit den Ranger-Gebäuden und dem Naturum. Auch diese Ausstellung ist wirklich interessant. Unter anderem gibt es eine Karte, auf der die über 60 Wracks verzeichnet sind, die rund um die Insel des Gotska Sandön Nationalparks gesunken sind. Aktiv suchen will ich die Ranger nach unserer Begegnung am Morgen nicht mehr. Also marschiere ich durchs Landesinnere auf einem sandigen Track, der auch zum Radfahren freigegeben ist, nach Gamla Gården. Einen Abstecher genehmige ich mir, um dem Höhenzug des Höga Åsen ein paar Kilometer zu folgen. Hier gibt es tatsächlich noch Bereiche, in der nie Holz geschlagen wurde.
Verhör der Küstenwache
Mich beeindrucken diese unberührten nordischen Wälder mit ihren knorrigen Kiefern immer wieder aufs Neue. Aber um rechtzeitig am Boot zu sein, darf ich nicht trödeln! So erreiche ich die historischen Gebäude von Gamla Gården am frühen Nachmittag. Verstreut auf weitläufigen Wiesen laden diese geradezu zum Rasten ein.
Meine Rast ist jedoch nicht geplant, sondern wird mir völlig unvermittelt aufgezwungen. Mit einem Mal erscheint wieder der Geländewagen der Ranger und es steigen Uniformierte aus, die quer über die Wiesen direkt auf mich zulaufen. Was geschieht hier? Was habe ich gemacht? Die suchen mich!
Mir rutscht das Herz in die Hose, obwohl ich keine Ahnung habe, was ich möglicherweise verbrochen haben könnte. Die zwei Männer der Küstenwache nehmen mich auch gleich in die Mangel, wollen alles mögliche von mir wissen. Nach einiger Zeit jedoch merke ich, wie das berufliche „Verhör“ privater Neugierde weicht. Wie ich später von Börje und Daniel erfahre, waren sie zunächst befragt worden und die Geschichten scheinen sich zu decken.
Abschied vom Gotska Sandön Nationalpark
Schließlich darf ich gehen und es wird auch höchste Zeit, zum Boot zu kommen. Während ich am Strand die nassen, bunten Kieselsteine bestaune, komme ich zu dem Landungspunkt, an dem die Ranger das Schlauchboot der Küstenwache auf einem Gestell gerade mit einem Traktor wieder zurück ins Meer schieben. Ohne dieses könnten Sie mit Ihrem Patrouillenschiff gar nicht anlanden. Was für ein Aufwand für mich!
Mein Rückweg geht nun doch schneller, als gedacht und ich bin fast zwei Stunden vor Sonnenuntergang zurück am Boot. Kaum an Bord lichtet Börje die Anker und wir verlassen den Gotska Sandön Nationalpark. Es ist fast windstill und die Wellen haben sich innerhalb nur eines Tages gelegt. Nun brauchen wir tatsächlich den Motor, um im Mondschein zurück nach Nynäshamn zu gelangen. Um Mitternacht sind wir zurück, Daniel hat Geburtstag.
Was für ein Abenteuer, was für Gegensätze, was für unvergessliche Eindrücke! Der 30. und damit letzte Natioalparks ist geschafft. In die große Erleichterung mischt sich auch ein wenig Wehmut. Jetzt ist alles ruhig, aber in ein paar Stunden braut sich schon wieder neues Ungemach auf der Ostsee und über dem Gotska Sandön Nationalpark zusammen. Ob sich dann neue Abenteurer auf den Weg machen werden? Wohl kaum!
Höchster Wasserfall Schwedens, der älteste Klon-Baum Schwedens oder gar der Welt „Old Tjikko“, barrierefreie Wege und Grillstellen rund um das Besucherzentrum, sowie anspruchsvolle Wanderungen – Der Fulufjället Nationalpark glänzt mit Superlativen und einer guten Infrastruktur.
Massentourismus im Nationalpark
Und doch fühle ich mich nach der Ruhe und Abgeschiedenheit des Töfsingdalen ein wenig fremd in dem Trubel hier. Und dabei ist bereits Nachsaison! Wie mag es hier im Hochsommer zugehen? Eine Vorstellung davon vermittelt der große Parkplatz sowie die ausgewiesenen Ausweichmöglichkeiten bei Überfüllung. Jetzt im September ist der Parkplatz nicht einmal zur Hälfte belegt und zudem kostenfrei.
Mein Plan ist klar und der Zeitplan straff gesteckt: Besucherzentrum, Wasserfall und Klonbaum, eben die bekannten Highlights. Wenn möglich, möchte ich auch eine Wanderung über die Hochebene unternehmen. Erschwerend für mich ist einmal mehr die Sonne, die sich höchstens kurz mal zeigen könnte.
Mit gutem Fotolicht sollte es den ganzen Tag nichts mehr werden, aber wenigstens haben die Wolken noch etwas Struktur. Das Naturum (Besucherzentrum) des Fulufjället Nationalparks ist schön, aber auch schnell besichtigt. Nützliche Tipps für meine Wanderung auf der Hochebene sind eingeholt.
Infrastruktur des Fulufjället
Auf dem Weg zum Wasserfall fällt mir der immense Aufwand auf, der in den Bau der Wege gesteckt wurde. Ein barrierefreier Zugang für alle! Eingeschränkte Mobilität ist hier kein Hindernis. Dennoch erscheint mir einiges ein wenig übertrieben. Wem nützen aufwändig in den Hang gezimmerte Holztreppen, die regelmäßig erneuert werden müssen und ein barrierefreier Holzweg hinter zum Wasserfall, der – wie in meinem Fall – komplett gesperrt ist, weil er erneuert werden muss?
Ist das der Preis für ein Marketing, das den Fulufjället Nationalpark zu einem der meistbesuchten Nationalparks Schwedens gemacht hat? Das Ganze kommt mir ein wenig wie ein Disneyland der Natur vor. Wahrscheinlich ist das genau das, was viele Besucher sich wünschen, aber meins ist es nicht. So bin ich denn auch froh, als ich auf den Pfad Richtung Old Tjikko einschlage, der nun eher meine Vorstellung entspricht, aber eben auch deutlich anspruchsvoller ist.
Old Tjikko – Klonbaum der Superlative?
Old Tjikko ist eines der Superlative, mit dem die Touristiker im Fulufjället Nationalpark um Besucher werben. Teilweise wird er sogar als der älteste Baum der Welt bezeichnet. Jedenfalls darf dieser Titel stark angezweifelt werden. Über der Erde ist von dem auf 9550 Jahre geschätzten Baum nur eine kümmerliche Fichte sichtbar. Sein Alter liegt verborgen im sich immer wieder regenerierenden Wurzelwerk.
Wie geplant erkunde ich noch ein wenig die Hochfläche und hier bin ich fast alleine Unterwegs. Würde die Sonne herauskommen, wäre ich hier oben rundum glücklich. Aber auch so steige ich nach ein paar Stunden zufrieden wieder zum Auto ab, denn für heute habe ich noch ein weiteres Ziel.
Fulufjället Nationalpark im Wandel
Weiter im Süden des Fulufjället Nationalparks, der sich übrigens über der Grenze mit seiner norwegischen Schreibweise Fulufjellet fortsetzt, wurde vor einigen Jahren ein ganzes Waldgebiet von einem Hochwasser komplett weggerissen. Hier kann man live erleben, wie ein neuer Pionierwald sich die Fläche zurückerobert. Im Naturum hat man mich auf dieses Ziel hingewiesen.
Ein überschaubarer Parkplatz am Ende der kleinen Schotterstraße zeigt bereits, dass sich für diesen Teil deutlich weniger Besucher interessieren. Auch für mich bleibt die kleine Wanderung eher enttäuschend. Viel mehr als dichtes Dickicht ist kaum zu sehen. Ein Pionierwald eben – biologisch sicherlich interessant und wertvoll, aber für den durchschnittlichen Besucher eher unspektakulär. Mit gemischten Gefühlen stiefel ich zurück zum Auto.
Übertriebene Erwartungen?
Habe ich etwas verpasst? Wäre es mit etwas Sonne schöner gewesen? Bestimmt! Der Wasserfall ist sicher schön, Old Tjikko interessant und die Wanderung auf der Hochebene hat mir wirklich gut gefallen. Sicherlich spielen auch die Gedanken an den letzten noch ausstehenden Nationalpark bei mir bereits wieder eine wichtige Rolle und schlagen mir aufs Gemüt. Noch immer weiß ich nicht, ob ich diesen erreichen werde und die Chancen stehen nicht allzu gut. Vielleicht resultiert die leichte Enttäuschung aber auch aus den übertriebenen Erwartungen, die durch die Vermarktung des Fulufjället Nationalparks mit Superlativen geweckt wurden. Denn objektiv betrachtet ist der Park dann doch schön, vor allem wenn das Wetter mitspielt!
Der Hamra Nationalpark wurde 1909 zeitgleich mit acht weiteren Nationalparks als erster Nationalpark Europas gegründet. Ursprünglich umfasste er nur eine winzig kleine Fläche, einen isolierten Urwald, der durch die umliegenden Moore schwer zugänglich war und so der forstwirtschaftlichen Nutzung entgangen ist. Heute gehören diese Moore und ihre Seen mit den Schwingrasen zum Nationalpark dazu.
Neue Herausforderungen
Nachdem ich die nördlichen Nationalparks trotz einiger Hindernisse alle besuchen konnte, bin ich froh, dass ich viel weiter in den Süden komme. Die Risiken, dass Schnee und schlechtes Wetter mein Vorhaben alle Nationalparks zu besuchen gefährden könnte, minimieren sich ein wenig.
Ausgestanden sind die Herausforderungen jedoch bei weitem nicht. Wie Blei lastet weiter die Aufgabe auf mir, zum Gotska Sandön Nationalpark zu kommen. Im Augenblick jedoch plagen mich andere Gedanken: Hamra, Töfsingdalen, Fulufjället und Sonfjället sind vier Nationalparks, die relativ nahe beieinander liegen. Das Wetter hat sich nun endgültig eingetrübt. Sonnenstunden sind kaum noch zu erwarten. Dennoch wird die Topografie der Berge für unterschiedliche Bedingungen sorgen und ich plane jeweils den Park als nächstes zu besuchen, der die besten Vorhersagen hat.
Auf zum Hamra Nationalpark
Für morgen ist es der Hamra Nationalpark, der die besten Aussichten hat. Die Fahrt dorthin ist alles andere als ermutigend. Um mir einige Kilometer zu sparen, biege ich auf eine Nebenstraße ab. Google sagt mir nicht, dass nun 60 km Schotterpisten auf mich warten, die ich im teils strömenden Regen alleine durch die Pampa fahre. Hier liegen zu bleiben wäre ein Albtraum, Handyempfang nicht gewährleistet, alle paar Tage mal ein Auto, der Fußmarsch zu den nächsten Häusern … ich schiebe die Gedanken beiseite. Lieber freue ich mich, in einer Regenpause ein paar Ren zu Gesicht zu bekommen.
Dennoch bin ich froh, als ich wieder Asphalt erreiche und da der Schlamm auf meinem Auto zum Glück noch nicht antrocknen konnte und es immer wieder regnet, kommt auch die weiße Farbe langsam wieder zum Vorschein. Die letzten Kilometer zum Parkplatz des Haupteingangs (Huvudenrén) sind dann aber mal wieder holprige Schotterpiste.
Hoffen auf die Regenpause
Eine Trockentoilette und die zahlreichen Hinweistafeln sind alles, was ich heute noch besuche, bevor ich mich neben zwei anderen Campern in meinen unbeheizten Bus begebe. Hoffentlich wird das Wetter morgen besser, sind die letzten Gedanken vor dem Einschlafen.
Am Morgen hat es aufgehört zu regnen und die nächsten Stunden soll es zunächst trocken bleiben. Für mich die Gelegenheit, den alten ursprünglichen Nationalpark mit seinem einzigartigen Wald zu besuchen. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass im Wald diffuses Licht zum Fotografieren kein Nachteil ist. Ich will nichts unversucht lassen, ein paar ansehnliche Fotos vom Nationalpark zu schießen und mache mich auf den Weg.
Der Urwald des Hamra Nationalparks
Durch die Ausweisung als Nationalpark ist der Wald von Hamra wohl der am besten dokumentierte Wald Schwedens, vielleicht von ganz Europa. Jeder einzelne Baum, auch die schon abgestorbenen, am Boden liegenden Stämme wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts fein säuberlich kartiert und die Daten stellen für heutige Forschungen einen ungeheurer Schatz dar.
Auch wenn dieser kleine Wald nicht den Flair der viel größeren und imposanteren Wälder des schwer zugänglichen Töfsingdalen oder des weit im Norden liegenden Stora Sjöfallet verströmt, ist er doch wirklich sehenswert. Die Zugänglichkeit ist hier rund um den Parkplatz und in Teilen des alten Nationalparks barrierefrei gestaltet! Fantastisch angelegte Grillplätze und umfangreiche Informationstafeln und Prospekte zum Mitnehmen machen den Urwald hier für jeden zu einem Erlebnis. Der hintere Teil der „Urskogslingan“ bedarf dann aber doch etwas Trittsicherheit. Schnell habe ich die schöne Runde absolviert und will nun auch den neueren Teil des Parks erkunden.
Der neue Teil des Hamra Nationalparks
Es mag verschiedene Gründe gegeben haben, den Park zu erweitern. Vielleicht war es auch der drohende Verlust des Ranges als Nationalpark. Die ursprüngliche Größe würde eine heutige Ausweisung nicht mehr rechtfertigen. Die Moore rund um den alten Teil sind es jedenfalls wert, dass sie in das Schutzgebiet integriert wurden. Vorbei an den Grillplätzen mache mich erneut auf den Weg. Nun erkunde ich die „Myrslingan“. Schöne Wege, oft über gut angelegte Bohlen, lassen mich in eine ganz andere Welt eintauchen. Die Sonne kommt zwar leider nicht raus, aber es bleibt noch trocken. Deshalb beschließe ich einen Abstecher bis zur Übernachtungsstelle mit seiner Windschutzhütte am Ormtjärnen-See zu machen.
Die wunderbare Lage der Hütte hat die Mühe gelohnt, aber nun zieht es wieder mehr zu und ich mache mich auf den Rückweg. Ganz trocken komme ich nicht mehr zum Auto. Für heute ist Schluss. Nur am Abend gehe ich noch einmal während einer Regenpause zur vordersten Grillstelle auf einem Bohlensteg ins Moor. Eine Familie ist bereits dort, aber ich werde eingeladen mich mit ans Feuer zu setzen. Meine noch aus Deutschland mitgebrachten Roten landen auf dem Grill. Besser hätte ich den Tag wirklich nicht nutzen können.
Der Südteil
Am nächsten Morgen scheint es etwas heller. Ich mache mich noch einmal beidseitig der Straße ein Stück auf den Weg in der Hoffnung, dass die Bilder etwas besser werden als gestern. Dann fahre ich weiter zum zentral gelegenen Eingang „Myrentrén“. Ein kurzer Abstecher zu einem Aussichtturm beschert mir den besten Fotomoment in diesem Park. Für einen kurzen Moment kämpft die Sonne, bevor sie dann doch wieder aufgibt.
Zumindest den Südteil will ich noch ein wenig gesehen haben. Die Schotterpiste dorthin fordert meine Aufmerksamkeit, aber bald habe ich den Parkplatz am Eingang „Svartåentrén“ erreicht. Die 3 km der „Svartålingan“ sind anstrengender als gedacht. Dieser Teil des Hamra Nationalparks wurde von der Forstwirtschaft geprägt. Den biologischen Wert, wie der alten Teil im Norden hat er bei weitem nicht. Die Runde führt zu einer kleinen Aussicht. Viel mehr als die umliegenden Bäume und ein wenig vom Gegenhang auf der anderen Bachseite ist dort nicht zu sehen. Begeistern kann sie mich nicht. Aber das liegt bestimmt auch am Wetter. Mir kommt der Südteil vor, wie ein nicht zum Nationalpark passendes Stück, dass man ausgewiesen hat, um die notwendige Größe des Schutzgebietes sicherzustellen.
Abwarten
Das Wetter hat sich inzwischen nämlich wieder zugezogen. Und morgen soll es weder hier noch in den umliegenden Parks gut sein. Der angekündigte Regen ermöglicht mir sicher nicht, gute Fotos für meinen Reiseführer zu machen. Für mich die Gelegenheit, etwas Tempo rauszunehmen und noch eine Nacht hierzubleiben, um dann morgen einen entspannten Standortwechsel zu machen. Wohin ist mir noch nicht klar. Für den Hamra Nationalpark ziehe ich für mich jedoch eine positive Bilanz, auch wenn ich mir für den nächsten Besuch besseres Wetter erhoffe.
Meine erste Reise neigt sich nun dem Ende zu. Ein letzter Park, der Söderåsen Nationalpark steht auf dem Programm. So oft nun wurde ich von den kleinen, stadtnahen Parks überrascht. Die Bilder, die ich vorher gesehen hatte, haben mich nicht unbedingt in Ekstase versetzt. Sollte ich auch diesmal meine Meinung ändern? – Ja! Und das liegt nicht nur an der Natur, sondern auch an dem, was die Schweden daraus machen und wie sie damit umgehen!
Zum zweiten Mal bin ich im Store Mosse Nationalpark und frage mich wie man das größte südschwedische Moor in Bilder fassen soll. Die endlose Weite, in der das Auge kaum halt findet ist mir in Erinnerung. Diesmal zieht mich der südliche Teil des Parks mit einem atemberaubenden Abendlicht in seinen Bann.