Höchster Wasserfall Schwedens, der älteste Klon-Baum Schwedens oder gar der Welt „Old Tjikko“, barrierefreie Wege und Grillstellen rund um das Besucherzentrum, sowie anspruchsvolle Wanderungen – Der Fulufjället Nationalpark glänzt mit Superlativen und einer guten Infrastruktur.
Massentourismus im Nationalpark
Und doch fühle ich mich nach der Ruhe und Abgeschiedenheit des Töfsingdalen ein wenig fremd in dem Trubel hier. Und dabei ist bereits Nachsaison! Wie mag es hier im Hochsommer zugehen? Eine Vorstellung davon vermittelt der große Parkplatz sowie die ausgewiesenen Ausweichmöglichkeiten bei Überfüllung. Jetzt im September ist der Parkplatz nicht einmal zur Hälfte belegt und zudem kostenfrei.
Mein Plan ist klar und der Zeitplan straff gesteckt: Besucherzentrum, Wasserfall und Klonbaum, eben die bekannten Highlights. Wenn möglich, möchte ich auch eine Wanderung über die Hochebene unternehmen. Erschwerend für mich ist einmal mehr die Sonne, die sich höchstens kurz mal zeigen könnte.
Mit gutem Fotolicht sollte es den ganzen Tag nichts mehr werden, aber wenigstens haben die Wolken noch etwas Struktur. Das Naturum (Besucherzentrum) des Fulufjället Nationalparks ist schön, aber auch schnell besichtigt. Nützliche Tipps für meine Wanderung auf der Hochebene sind eingeholt.
Infrastruktur des Fulufjället
Auf dem Weg zum Wasserfall fällt mir der immense Aufwand auf, der in den Bau der Wege gesteckt wurde. Ein barrierefreier Zugang für alle! Eingeschränkte Mobilität ist hier kein Hindernis. Dennoch erscheint mir einiges ein wenig übertrieben. Wem nützen aufwändig in den Hang gezimmerte Holztreppen, die regelmäßig erneuert werden müssen und ein barrierefreier Holzweg hinter zum Wasserfall, der – wie in meinem Fall – komplett gesperrt ist, weil er erneuert werden muss?
Ist das der Preis für ein Marketing, das den Fulufjället Nationalpark zu einem der meistbesuchten Nationalparks Schwedens gemacht hat? Das Ganze kommt mir ein wenig wie ein Disneyland der Natur vor. Wahrscheinlich ist das genau das, was viele Besucher sich wünschen, aber meins ist es nicht. So bin ich denn auch froh, als ich auf den Pfad Richtung Old Tjikko einschlage, der nun eher meine Vorstellung entspricht, aber eben auch deutlich anspruchsvoller ist.
Old Tjikko – Klonbaum der Superlative?
Old Tjikko ist eines der Superlative, mit dem die Touristiker im Fulufjället Nationalpark um Besucher werben. Teilweise wird er sogar als der älteste Baum der Welt bezeichnet. Jedenfalls darf dieser Titel stark angezweifelt werden. Über der Erde ist von dem auf 9550 Jahre geschätzten Baum nur eine kümmerliche Fichte sichtbar. Sein Alter liegt verborgen im sich immer wieder regenerierenden Wurzelwerk.
Wie geplant erkunde ich noch ein wenig die Hochfläche und hier bin ich fast alleine Unterwegs. Würde die Sonne herauskommen, wäre ich hier oben rundum glücklich. Aber auch so steige ich nach ein paar Stunden zufrieden wieder zum Auto ab, denn für heute habe ich noch ein weiteres Ziel.
Fulufjället Nationalpark im Wandel
Weiter im Süden des Fulufjället Nationalparks, der sich übrigens über der Grenze mit seiner norwegischen Schreibweise Fulufjellet fortsetzt, wurde vor einigen Jahren ein ganzes Waldgebiet von einem Hochwasser komplett weggerissen. Hier kann man live erleben, wie ein neuer Pionierwald sich die Fläche zurückerobert. Im Naturum hat man mich auf dieses Ziel hingewiesen.
Ein überschaubarer Parkplatz am Ende der kleinen Schotterstraße zeigt bereits, dass sich für diesen Teil deutlich weniger Besucher interessieren. Auch für mich bleibt die kleine Wanderung eher enttäuschend. Viel mehr als dichtes Dickicht ist kaum zu sehen. Ein Pionierwald eben – biologisch sicherlich interessant und wertvoll, aber für den durchschnittlichen Besucher eher unspektakulär. Mit gemischten Gefühlen stiefel ich zurück zum Auto.
Übertriebene Erwartungen?
Habe ich etwas verpasst? Wäre es mit etwas Sonne schöner gewesen? Bestimmt! Der Wasserfall ist sicher schön, Old Tjikko interessant und die Wanderung auf der Hochebene hat mir wirklich gut gefallen. Sicherlich spielen auch die Gedanken an den letzten noch ausstehenden Nationalpark bei mir bereits wieder eine wichtige Rolle und schlagen mir aufs Gemüt. Noch immer weiß ich nicht, ob ich diesen erreichen werde und die Chancen stehen nicht allzu gut. Vielleicht resultiert die leichte Enttäuschung aber auch aus den übertriebenen Erwartungen, die durch die Vermarktung des Fulufjället Nationalparks mit Superlativen geweckt wurden. Denn objektiv betrachtet ist der Park dann doch schön, vor allem wenn das Wetter mitspielt!
Der Töfsingdalen Nationalpark gehört zu den abgelegeneren und eher unbekannten Nationalparks in Schweden. Dabei sprechen gerade die unvergleichlichen Urwälder die romantische Seele mitteleuropäischer Touristen in besonderem Maße an, wie kaum ein anderer Nationalpark auf dem europäischen Kontinent. Eingebettet zwischen malerischen Flusslandschaften und dem rauen Fjäll auf den Höhen kommen hier Outdoor-Begeisterte Naturliebhaber voll auf ihre Kosten.
Planung mit Fragezeichen
Der Töfsingdalen Nationalpark ist einer von den Parks, bei denen ich mich in der Vorbereitung schwer getan habe. Die Informationen über die Möglichkeiten waren nicht nur recht dünn, sondern die Aussagen ließen auch viel Interpretationsspielraum. Recht schnell war eigentlich nur klar, dass ich mehrere Tage für eine Tour brauchen würde.
Einzig von Grövelsjön aus hatte ich Beschreibungen über den Zugang des Töfsingdalen gefunden. Von dort wären es etwa 10 km über einen Höhenrücken bis an die Parkgrenze. Nach meinen Erfahrungen würden Hin- und Rückmarsch so locker einen Tag in Anspruch nehmen. Ins Innere des Parks führen keine Wege, nur bei einer Umrundung streift man immer wieder die Außenbereiche. Das muss kein Nachteil sein, wie sich auf meiner Tour später herausstellen sollte.
Der kürzeste Zugang in den Töfsingdalen Nationalpark
Dann hatte ich aber auf meiner letzten Tour durch den Sonfjället Nationalpark von einem älteren Paar einen wunderbaren Tipp bekommen: Nicht Grövelsjön ist der kürzeste Zugang, sondern ein kleiner Parkplatz südöstlich am Storån gelegen. Hier verkürzt sich der Weg auf etwa 7,5 km, wobei es bis auf den Rundweg um den Töfsingdalen sogar nur 5 km sind. Und den wollte ich ja machen. Besser noch: Mit dem Geländewagen (den ich nicht habe) oder einem Mountainbike (in meinem Bus dabei) ließen sich weitere etwa 2,5 km sparen. Unter diesen Voraussetzungen war ich mir ziemlich sicher, die Rundtour in zwei Tagen bewältigen zu können. Länger würde ich vermutlich auch kein vernünftiges mehr Wetter haben.
Müde fuhr ich also direkt nach meiner letzten anstrengenden Wanderung in der Dämmerung das kleine Sträßchen Richtung Foskros. Ich wollte jedoch noch vor Einbruch der Nacht einen Platz zum Übernachten finden. Und so schaffte ich es nur noch bis zum Abzweig der Schotterstraße kurz vor dem Wohnmobilstellplatz Hysbil. Wissend, wo ich am nächsten Tag weiterfahren musste, nahm ich die nächste Möglichkeit, an der ich parken konnte. Ich war eh zu müde, um noch etwas zu kochen und wollte auch früh am Morgen los.
Es zieht sich ganz schön
Der Morgen macht mir mit seinen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt einmal wieder unmissverständlich klar, dass ich meine weitere Planung nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Meine abgefahrenen Sommerreifen, Nahrungsmittelvorräte in Gläsern, all das gilt es in der nächsten Zeit zu berücksichtigen.
Die Schotterstraße zieht sich mal wieder scheinbar endlos, aber auf den letzten Kilometern wunderschön entlang des Storån. Der Nebel über dem Fluss löst sich allmählich auf und dann bin ich auch schon am Parkplatz. Ein Auto steht noch dort. Ich inspiziere den weiteren Verlauf der Strecke. Ob er mit meinem Auto machbar ist? Es sieht nicht spektakulär aus, aber heute gehe ich lieber auf Nummer sicher. Eine gute Entscheidung, wie sich bald herausstellen sollte.
Nach einem kurzen Frühstück schwinge ich mich aufs Rad. Der Rucksack mit Ausrüstung für zwei Tage drückt unangenehm. Der Schotterweg wird schmaler und wilder. Wenden wäre hier schwierig und mit meinem Bus wäre ich sicher nicht weitergekommen. Auch vom Rad muss ich zwei Mal absteigen. Bald komme ich an der Siljanskojan Hütte an, die jedoch verschlossen ist. Von hier führt der Weg immer noch weiter und Bohlen sind so angelegt, dass man mit dem Quad noch durchkommt.
Wieder überlege ich kurz, noch etwas mit dem Fahrrad weiterzufahren, aber auch hier habe ich den richtigen Riecher. Ich schließe mein Rad etwas versteckt im Wald an einen Baum und gehe zu Fuß weiter.
Weg in den Nationalpark Töfsingdalen
Es dauert nicht lange, bis ich den Abzweig an der Spångkojan erreiche, der den Beginn der Umrundung markiert. Ich halte mich rechts, in der Hoffnung so das Licht in den nächsten zwei Tagen besser nutzten zu können. Zwar gibt es immer wieder Wegmarkierungen auf dem Weg, aber dieser teilt sich öfter und den Quadspuren zu folgen ist auch nicht so spannend. Ich halte mich deswegen immer wieder weiter Richtung Wasser, wo es meist schöner dahingeht.
Bald stecke ich in der Sackgasse. Um nicht unnötig weit zurückgehen zu müssen, schlage ich mich mit Hilfe meines Navi quer durch den Wald. Es strengt an und kostet Zeit. Um meinen Zeitplan nicht zu gefährden, sollte ich solche Versuche unterlassen. Aber auch auf dem Weg gibt es kein schnelles Vorankommen. Immer wieder hat es verblockte Abschnitte, die den Schnitt nach unten drücken. Als ich die Nationalparkgrenze endlich erreiche, ist es schon später Vormittag.
Die Urwälder des Töfsingdalen
Was folgt sind Wälder, die mir immer in Erinnerung bleiben werden. Uralte Kiefern wachsen hier in einem lichten Wald. Andere liegen bereits seit Jahrhunderten am Boden und verrotten in diesem Klima aufgrund des hohen Harzgehaltes nur ganz langsam. Schweden hat eine lange Tradition der Holzwirtschaft und echte Urwälder wie dieser sind selbst im dünnbesiedelten Skandinavien äußerst selten.
Während ich langsam höher steige, versuche ich die Herausforderung zu meistern, nicht zu viel Zeit zu verlieren, um die faszinierende Landschaft zu fotografieren. Der Wald wird immer lichter und am höchsten Punkt der Umrundung des Töfsingdalen Nationalparks liegt das offene Fjäll vor mir, in dem nur noch vereinzelt ein paar verkrüppelte Birken stehen. Der Blick weitet sich und nun liegt der Park im wahrsten Sinne des Wortes zu meinen Füßen.
Inzwischen ist es Mittag geworden und hinter einen Stein gekauert, um Schutz vor dem eisigen Wind zu finden, mache ich Rast. Leider bereiten mir heute meine Fersen wieder erhebliche Schmerzen. Ich versuche diese auszublenden und die Landschaft in mich aufzusaugen. Wieder ist das Wetter viel schöner, als gedacht. Ich wähne mich inzwischen wieder gut im Zeitplan, da es nun eigentlich nur noch bergab geht. Im Tal liegt die Fluss- und Seenlandschaft des Storån, auf die ich mich besonders freue.
Orientierungsprobleme
Der folgende Abstieg erweist sich jedoch als echte Herausforderung. Während mein Abstecher ins Unterholz am Morgen noch meinem Übermut geschuldet war, lande ich hier ständig in Abschnitten, in denen der Weg kaum zu finden ist. Öfter steige ich wieder zurück und nehme einen neuen Anlauf. Die Wegmarkierungen sind alt und von der Färbung des herbstlichen Fjälls kaum zu unterscheiden.
Ich bin sicher nicht der erste, der diese Schwierigkeiten hat und so haben sich immer wieder Wegspuren etabliert, die ins Nichts führen. Immer wieder folgt man diesen, läuft auf ihnen zurück und arbeitet so ungewollt mit an dem Labyrinth durch das verblockte Gelände. Mein Zeitpuffer ist komplett aufgebraucht, als ich mich endlich dem Fluss nähere. Kaum noch fähig, Bilder zu machen, humpel ich mit meinen Schmerzen dem Lagerplatz entgegen.
Übernachtungsplätze um den Töfsingdalen Nationalpark
Erleichtert lasse ich mich in die offen Windschutzhütte fallen. Mehr als eine Person findet hier nur mit viel gutem Willen Platz. Auch die anderen Lagerstellen, die ich gefunden habe, bieten nicht mehr Platz und sind teilweise auch etwas heruntergekommen. So bin ich froh, dass niemand anderes da ist. Nur wenige Minuten später kommt doch noch ein Schwede mit seinen zwei Huskys. Wie sich herausstellt, ist Dennis viel allein in der Wildnis unterwegs und dreht darüber YouTube Videos. Heute muss er sein Zelt aufschlagen. Ein paar Minuten später und ich hätte den Aufwand treiben müssen. Dennis erzählt mir, dass er vor zwei Jahren schon hier war und dass die Brücke, die auf meinem Weg liegt damals weggeschwemmt war. Er kann nicht sagen, ob es für mich dort ein Weiterkommen gibt.
Ich bin so kaputt, dass ich nur noch eine Kleinigkeit esse, bevor ich mich erschöpft in meinen Schlafsack lege. Den Wasserentkeimungsfilter nehme ich vorsichtshalber mit in den Schlafsack, damit er nicht kaputt friert. Trotz meiner Müdigkeit komme ich nicht zur Ruhe und wegen der Ungewissheit mit der Brücke schlafe ich nur schlecht.
Eine interessante Begegnung
Der Morgen ist ruhig und friedlich, aber kalt. Während ich noch ein wenig die Umgebung des Lagerplatzes erkunde und meine Wasservorräte am See auffülle, macht sich Dennis mit seinen Hunden schon wieder auf den Weg. Auf dem See fahren zwei kleine Boote vorbei. Ich weiß nicht so recht, als was ich diese einstufen soll. Ich breche auf und wie der Zufall es will, treffe ich die beiden an der nächsten Engstelle an der Brücke, die mich auf die andere Seite führt.
Es ist ein Schweizer Paar, das die aufblasbaren Boote von Grövelsjön hierher getragen hat. Sie zeigen mir ihr Equipment und erklären mir, wie alles funktioniert. Packrafting heißt die Sportart und bei genauerer Betrachtung ergibt das ganze für mich ziemlich viel Sinn. Die Boote sind wirklich leicht (um die 3kg) und trotzdem robust. Während ich mich weiter auf dem Weg mit meinen Schmerzen quäle, gleiten sie bald wieder auf dem Wasser dahin. Dafür habe ich dann mal wieder eine Begegnung mit einer Herde Ren, die nach einer Kuppe unvermittelt vor mir vorbeiziehen.
Am späten Vormittag treffe ich die Schweizer vor einer verschlossenen Hütte am Ufer wieder. Für sie ist die Bootstour hier zu ende und sie werden wieder hinüber nach Grövelsjön wandern. Wir machen zusammen eine längere Pause und haben uns viel zu erzählen, bevor wir uns mit den besten Wünschen wieder auf getrennte Wege machen.
Am Ufer des Storån entlang
Der Weg zieht sich nun in einem leichten Auf und Ab am Storån und seinen dazugehörenden Seen entlang. Diese Seite des Flusses liegt außerhalb des Nationalparks, der auf der anderen Seite beginnt. Hin und wieder führen provisorische Stege auf die andere Seite hinüber in die Weglose Wildnis. Ich bleibe auf dieser Seite. Immer wieder geht es durch Moore. Der Weg ist teilweise in einem schlechten Zustand und so haben sich auch hier viele Sackgassen gebildet. All das kostet nun Zeit und Kraft. Beides wird langsam zum Problem für mich. Je weiter ich komme, umso verblockter wird wieder das Gelände und umso schwerer ist der Weg zu finden. Und dann ist da noch die Ungewissheit mit der Brücke!
Der Wanderweg beträgt die Bezeichnung Storaleden und da hätte ich mir einen etwas besseren Weg ausgemalt. Langsam sinkt die Sonne und ich befürchte schon, dass ich hier noch eine Nacht zubringen muss. Viel zu essen habe ich nicht mehr und auf eine Flussdurchquerung mit der Fotoausrüstung bin ich nicht vorbereitet. Irgendetwas muss ich mir da im schlimmsten Fall einfallen lassen. Ich verdränge den Gedanken, so gut es geht.
Endlich wieder ein guter Weg
An einem ausgedehnten Moorgebiet stoße ich wieder auf eine verschlossene Hütte. In Karten sind diese Hütten als Übernachtungshütten markiert. Ich frage mich, ob diese in der Saison bewirtschaftet sind oder ob man irgendwo einen Schlüssel bekommen kann. Ich habe dazu bisher keine Informationen gefunden. Kurz darauf stoße ich aber wieder auf einen besseren Weg, der von Grövelsjön hierher führt. Meine Hoffnung darauf eine Brücke vorzufinden steigt wieder. Es dämmert bereits und als ich kurz vor der Spångkojan tatsächlich auf eine solche stoße fällt die Anspannung endlich von mir ab.
Den Rückweg kenne ich nun und als ich das Auto in der Dunkelheit erreiche, wird mir einmal mehr bewusst, dass die Touren hier nicht unterschätzt werden sollten. Die Erlebnisse und die einzigartige Landschaft sind jedoch Grund genug, sich immer wieder auf den Weg zu machen in Schwedens einzigartige Nationalparks. Für mich gehört der Töfsingdalen auf jeden Fall mit zu den schönsten! Aber noch habe ich nicht alle gesehen…
Das Sonfjället Bergmassiv gab dem Nationalpark Sonfjället seinen Namen. Seine Berghänge mit den dort in Massen wachsenden Schwarzbeeren ziehen im Herbst die Bären aus den umliegenden Wäldern hoch ins offene Fjäll. Im Sonfjället Nationalpark soll es die höchste Bärendichte in ganz Schweden haben und nirgendwo sonst stehen die Chancen höher als hier, diese auch zu Gesicht zu bekommen.
Die Bären des Sonfjället Nationalparks
Nachdem ich den Regentag irgendwo auf der Fahrt mit weiteren Planungen überbrückt habe, tut sich überraschend für den nächsten Tag ein Fenster mit besserem Wetter im Sonfjället Nationalpark auf. Vor ein paar Tagen war ich schon in der Nähe vorbei gefahren, weil die Prognosen im Hamra Nationalpark besser waren. Nun geht es zurück und als ich am Abend auf dem Parkplatz Nyvallen ankomme, blitzt kurz vor Sonnenuntergang die Sonne durch.
Ich freue mich auf einen schönen Tag morgen und natürlich schwingt auch die Hoffnung mit, meine ersten Bären in Europa zu sehen. Nirgendwo sonst stehen die Chancen besser, als im Herbst hier im Sonfjället Nationalpark. An den offenen Berghängen wachsen die Schwarzbeeren so zahlreich, dass die Bären sich im Herbst aus dem Dickicht der Niederungen herauswagen.
Frostige Temperaturen und tolles Licht
Am Morgen bin ich früh auf den Beinen. Es ist empfindlich kalt und dabei weht ein scharfer Wind. Schnell ziehen die Wolken dahin und ebenso schnell wechseln die Lichtstimmungen von trübe bis dramatisch surreal. Ich liebe dieses Wetter, aber ich weiß auch, dass der Tag deswegen anstrengend wird. Oft werde ich für meine Fotos auf besseres Licht warten, um dann mit der Fotoausrüstung und dem Tagesrucksack durch die Gegend zu rennen, um ja kein Motiv zu verpassen.
Der Foto bleibt dabei immer in der Hand, um keine Zeit zu verlieren. Trotz dünner Handschuhe, mit denen ich die Kamera noch bedienen kann, muss ich die Hände beim Laufen abwechselnd immer wieder aufwärmen, weil sie schnell jegliches Gefühl verlieren. Es macht mir nichts aus, so sehr bin ich von der Landschaft gefesselt. Das ist der Herbst hier oben in den Bergen, wie ich ihn mir gewünscht habe.
Die Umrundung des Sonfjället Bergmassivs
Zunächst geht es durch lichten Birkenwald. Hier sind überall die Spuren und Hinterlassenschaften des Weideviehs zu sehen, die hier im vorderen Teil gehalten werden dürfen. Je lichter die Bäume stehen, umso mehr öffnet sich der Blick auf das Bergmassiv zu meiner Rechten. Heute will ich es umrunden und dabei einen wesentlichen Teil des Nationalparks sehen.
Gerne würde ich auch auf den höchsten der Gipfel steigen, aber ich ahne, dass mir heute die Zeit dafür fehlt. Die Wege erweisen sich zum Teil als durchaus anspruchsvoll. Das erste Etappenziel sind die kleinen Seen Stor-Ryvålen. Die Windschutzhütte ist eher nicht zum Übernachten geeignet. Der Boden fehlt und es zieht heftig. Ich bleibe lieber draußen, um einen halbe Stunde auf die Sonne zu warten. Dann geht es weiter.
Abwechslungsreicher Nationalpark Sonfjället
Der Weg zieht sich am Berghang entlang und steigt langsam in Richtung eines Sattels hinüber ins Sododalen. Hier kennzeichnen die sanften Hügel die baumlose Landschaft. An einem weiteren kleinen See steht wieder eine Windschutzhütte, ebenfalls ohne Boden. Der Wind bläst unerbittlich, während ich die Hänge Richtung dem Hauptgipfel Högfjället nach Bären absuche. Einige Schatten größerer Felsbrocken narren mich. Sie bewegen sich trotz längerer Beobachtung nicht. Dennoch beschließe ich ein Stück durchs Fjäll hinaufzusteigen, um vielleicht von Oben einen Bären zu entdecken. Erfolglos!
Während ich wieder Richtung des Weges durch das Sododalen einschwenke bewundere ich die Landschaft, die sich hier erneut ändert. Tiefe Furchen ziehen sich an den Hängen hinunter, die der Legende nach Bären mit ihren Klauen gezogen haben. Im unteren Teil werden sie breiter und mit urwüchsigen Birken bewachsen.
Eine Rasthütte
Im weiteren Verlauf kann ich schon die Rasthütte sehen. Im Gegensatz zu den offenen Windschutzhütten sind die Rasthütten nicht zum Übernachten gedacht, obwohl sie viel besser ausgestattet sind. Bald bin ich dort und unterhalte mich mit einem älteren Paar in dem gemütlichen Innenraum. Die beiden geben mir eine wichtige Information über den Zugang zum Töfsingdalen Nationalpark weiter, die sich auf meiner nächsten Tour als überaus nützlich erweisen sollte.
Ich raste nur kurz, um mich aufzuwärmen und etwas zu essen, denn draußen ist bestes Wetter. Was ich doch für ein Glück habe! Das Tal wird enger, während ich dem Bachlauf des Sodan folge. Doch bald weitet sich der Blick wieder und vor mir liegt der beschwerlichste Abschnitt der Tour: Ein schier endloses Geröllfeld aus scharfkantigen Granitbrocken.
Sonfjället – von der Eiszeit geprägt
Wie so oft auf meinen Touren durch die Nationalparks in Schweden sind auch hier die Spuren der Eiszeit nicht zu übersehen. Geröllfelder wie dieses oder die Furchen an den Berghängen sind Zeugen der ungeheuren Kräfte die hier durch das Eis gewirkt haben. Auf mich üben diese Zeichen eine große Faszination aus, aber zum Laufen sind sie wirklich beschwerlich! Dass die Geröllfelder auch nach tausenden von Jahren nicht immer stabil sind, wird mir klar, als ich vor einem Wegweiser stehe, dass der ursprüngliche Weg hinab nach Nyvallen gesperrt ist. Der Hang ist nicht mehr stabil. Es gibt eine Umleitung, die durch die frischen Farbmarkierungen auf den Steinen gut zu finden ist.
Unverhofft kommt oft
Ich bleibe noch ein bisschen hier oben. Die Sonne scheint und im Windschatten der Gipfel lässt es sich gut aushalten. Mit einem so tollen Tag hatte ich wirklich nicht gerechnet. Auch wenn mir die Begegnung mit Bären nicht vergönnt war, durchströmt mich ein Glücksgefühl, als ich etwas später durch das Nyvallens Naturreservat hinab zum Parkplatz am Gehöft Nyvallen steige. Einmal mehr bin ich dankbar, wie sich die Dinge unverhofft zum guten gewendet haben. Der Wetterbericht deutet auf einen weiteren guten Tag im Töfsingdalen Nationalpark hin und so verliere ich keine Zeit. Trotz meiner Müdigkeit und meinem Hunger mache ich mich sogleich auf den Weg zu meinem nächsten kleinen Abenteuer…
Der Hamra Nationalpark wurde 1909 zeitgleich mit acht weiteren Nationalparks als erster Nationalpark Europas gegründet. Ursprünglich umfasste er nur eine winzig kleine Fläche, einen isolierten Urwald, der durch die umliegenden Moore schwer zugänglich war und so der forstwirtschaftlichen Nutzung entgangen ist. Heute gehören diese Moore und ihre Seen mit den Schwingrasen zum Nationalpark dazu.
Neue Herausforderungen
Nachdem ich die nördlichen Nationalparks trotz einiger Hindernisse alle besuchen konnte, bin ich froh, dass ich viel weiter in den Süden komme. Die Risiken, dass Schnee und schlechtes Wetter mein Vorhaben alle Nationalparks zu besuchen gefährden könnte, minimieren sich ein wenig.
Ausgestanden sind die Herausforderungen jedoch bei weitem nicht. Wie Blei lastet weiter die Aufgabe auf mir, zum Gotska Sandön Nationalpark zu kommen. Im Augenblick jedoch plagen mich andere Gedanken: Hamra, Töfsingdalen, Fulufjället und Sonfjället sind vier Nationalparks, die relativ nahe beieinander liegen. Das Wetter hat sich nun endgültig eingetrübt. Sonnenstunden sind kaum noch zu erwarten. Dennoch wird die Topografie der Berge für unterschiedliche Bedingungen sorgen und ich plane jeweils den Park als nächstes zu besuchen, der die besten Vorhersagen hat.
Auf zum Hamra Nationalpark
Für morgen ist es der Hamra Nationalpark, der die besten Aussichten hat. Die Fahrt dorthin ist alles andere als ermutigend. Um mir einige Kilometer zu sparen, biege ich auf eine Nebenstraße ab. Google sagt mir nicht, dass nun 60 km Schotterpisten auf mich warten, die ich im teils strömenden Regen alleine durch die Pampa fahre. Hier liegen zu bleiben wäre ein Albtraum, Handyempfang nicht gewährleistet, alle paar Tage mal ein Auto, der Fußmarsch zu den nächsten Häusern … ich schiebe die Gedanken beiseite. Lieber freue ich mich, in einer Regenpause ein paar Ren zu Gesicht zu bekommen.
Dennoch bin ich froh, als ich wieder Asphalt erreiche und da der Schlamm auf meinem Auto zum Glück noch nicht antrocknen konnte und es immer wieder regnet, kommt auch die weiße Farbe langsam wieder zum Vorschein. Die letzten Kilometer zum Parkplatz des Haupteingangs (Huvudenrén) sind dann aber mal wieder holprige Schotterpiste.
Hoffen auf die Regenpause
Eine Trockentoilette und die zahlreichen Hinweistafeln sind alles, was ich heute noch besuche, bevor ich mich neben zwei anderen Campern in meinen unbeheizten Bus begebe. Hoffentlich wird das Wetter morgen besser, sind die letzten Gedanken vor dem Einschlafen.
Am Morgen hat es aufgehört zu regnen und die nächsten Stunden soll es zunächst trocken bleiben. Für mich die Gelegenheit, den alten ursprünglichen Nationalpark mit seinem einzigartigen Wald zu besuchen. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass im Wald diffuses Licht zum Fotografieren kein Nachteil ist. Ich will nichts unversucht lassen, ein paar ansehnliche Fotos vom Nationalpark zu schießen und mache mich auf den Weg.
Der Urwald des Hamra Nationalparks
Durch die Ausweisung als Nationalpark ist der Wald von Hamra wohl der am besten dokumentierte Wald Schwedens, vielleicht von ganz Europa. Jeder einzelne Baum, auch die schon abgestorbenen, am Boden liegenden Stämme wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts fein säuberlich kartiert und die Daten stellen für heutige Forschungen einen ungeheurer Schatz dar.
Auch wenn dieser kleine Wald nicht den Flair der viel größeren und imposanteren Wälder des schwer zugänglichen Töfsingdalen oder des weit im Norden liegenden Stora Sjöfallet verströmt, ist er doch wirklich sehenswert. Die Zugänglichkeit ist hier rund um den Parkplatz und in Teilen des alten Nationalparks barrierefrei gestaltet! Fantastisch angelegte Grillplätze und umfangreiche Informationstafeln und Prospekte zum Mitnehmen machen den Urwald hier für jeden zu einem Erlebnis. Der hintere Teil der „Urskogslingan“ bedarf dann aber doch etwas Trittsicherheit. Schnell habe ich die schöne Runde absolviert und will nun auch den neueren Teil des Parks erkunden.
Der neue Teil des Hamra Nationalparks
Es mag verschiedene Gründe gegeben haben, den Park zu erweitern. Vielleicht war es auch der drohende Verlust des Ranges als Nationalpark. Die ursprüngliche Größe würde eine heutige Ausweisung nicht mehr rechtfertigen. Die Moore rund um den alten Teil sind es jedenfalls wert, dass sie in das Schutzgebiet integriert wurden. Vorbei an den Grillplätzen mache mich erneut auf den Weg. Nun erkunde ich die „Myrslingan“. Schöne Wege, oft über gut angelegte Bohlen, lassen mich in eine ganz andere Welt eintauchen. Die Sonne kommt zwar leider nicht raus, aber es bleibt noch trocken. Deshalb beschließe ich einen Abstecher bis zur Übernachtungsstelle mit seiner Windschutzhütte am Ormtjärnen-See zu machen.
Die wunderbare Lage der Hütte hat die Mühe gelohnt, aber nun zieht es wieder mehr zu und ich mache mich auf den Rückweg. Ganz trocken komme ich nicht mehr zum Auto. Für heute ist Schluss. Nur am Abend gehe ich noch einmal während einer Regenpause zur vordersten Grillstelle auf einem Bohlensteg ins Moor. Eine Familie ist bereits dort, aber ich werde eingeladen mich mit ans Feuer zu setzen. Meine noch aus Deutschland mitgebrachten Roten landen auf dem Grill. Besser hätte ich den Tag wirklich nicht nutzen können.
Der Südteil
Am nächsten Morgen scheint es etwas heller. Ich mache mich noch einmal beidseitig der Straße ein Stück auf den Weg in der Hoffnung, dass die Bilder etwas besser werden als gestern. Dann fahre ich weiter zum zentral gelegenen Eingang „Myrentrén“. Ein kurzer Abstecher zu einem Aussichtturm beschert mir den besten Fotomoment in diesem Park. Für einen kurzen Moment kämpft die Sonne, bevor sie dann doch wieder aufgibt.
Zumindest den Südteil will ich noch ein wenig gesehen haben. Die Schotterpiste dorthin fordert meine Aufmerksamkeit, aber bald habe ich den Parkplatz am Eingang „Svartåentrén“ erreicht. Die 3 km der „Svartålingan“ sind anstrengender als gedacht. Dieser Teil des Hamra Nationalparks wurde von der Forstwirtschaft geprägt. Den biologischen Wert, wie der alten Teil im Norden hat er bei weitem nicht. Die Runde führt zu einer kleinen Aussicht. Viel mehr als die umliegenden Bäume und ein wenig vom Gegenhang auf der anderen Bachseite ist dort nicht zu sehen. Begeistern kann sie mich nicht. Aber das liegt bestimmt auch am Wetter. Mir kommt der Südteil vor, wie ein nicht zum Nationalpark passendes Stück, dass man ausgewiesen hat, um die notwendige Größe des Schutzgebietes sicherzustellen.
Abwarten
Das Wetter hat sich inzwischen nämlich wieder zugezogen. Und morgen soll es weder hier noch in den umliegenden Parks gut sein. Der angekündigte Regen ermöglicht mir sicher nicht, gute Fotos für meinen Reiseführer zu machen. Für mich die Gelegenheit, etwas Tempo rauszunehmen und noch eine Nacht hierzubleiben, um dann morgen einen entspannten Standortwechsel zu machen. Wohin ist mir noch nicht klar. Für den Hamra Nationalpark ziehe ich für mich jedoch eine positive Bilanz, auch wenn ich mir für den nächsten Besuch besseres Wetter erhoffe.
Der Pieljekaise Nationalpark liegt etwas unterhalb des Polarkreises in Schweden. Einzigartige Birkenurwälder, weite Fjälllandschaft und ein leicht zu besteigender Aussichtsberg, der dem Nationalpark den Namen gab, sind einige der Highlights des Parks. Es ist erstaunlich, dass dieses schon so lange bestehende Schutzgebiet bei Touristen so wenig bekannt ist. Vielleicht liegt es daran, dass es nicht in der Nähe der vielbefahrenen Europastraßen Richtung Nordkap liegt. Gerade im Herbst entfaltet sich hier jedoch ein Farbschauspiel, dessen Faszination man sich kaum entziehen kann.
Der Sarek Nationalpark ist wahrscheinlich der bekannteste Nationalpark Schwedens. Der Park gilt vielen als die letzte Wildnis Europas und weist einige Superlative auf: Er wurde zusammen mit einigen anderen Parks in Schweden als erster Nationalpark Europas ausgewiesen. In ihm gibt es die meisten 2000er Lapplands und fast 100 Gletscher charakterisieren die Gebirgsregion des einzigartigen Schutzgebietes. Der Sarek gehört zum Weltkultur und Naturerbe Laponia der UNESCO.