Der Haparanda Skärgård Nationalpark – ein kleines Inselarchipel an der nördlichsten Spitze der Ostsee. Traumhafte Sandstrände, abwechslungsreiche Fauna und Flora und sogar eine kleine isolierte Elchpopulation auf der größten Insel lohnen die Überfahrt. Außerhalb der kurzen Saison ist es aber gar nicht so leicht zu den Inseln zu gelangen…

Und so stehe ich ratlos auf einem Parkplatz an der Europastraße nach Haparanda, der Grenzstadt nach Finnland, die am nördlichste Zipfel der Ostsee liegt. Scheitert hier völlig unerwartet mein Buchprojekt? Seit anderthalb Tagen versuche ich nun mittlerweile schon verzweifelt auf das Inselarchipel zu kommen. Aber der Reihe nach…

Kurze Saison auf Haparanda Skärgård

Die Tour liegt nun schon einige Monate zurück, aber bisher bin ich einfach nicht dazu gekommen, weiter an meinem Blog zu schreiben. Zu sehr fordert mich mein eigentliches Projekt, der Reiseführer über die schwedischen Nationalparks. Und dennoch sind die Erlebnisse noch unglaublich präsent. Das liegt zum einen an den eindrücklichen Erlebnissen auf der Hauptinsel Sandskär im Nationalpark Haparanda Skärgård, aber während ich meine Erlebnisse noch einmal Revue passieren lasse, kommen auch die Erinnerungen an die Suche nach einer Überfahrt über das Polarmeer der Ostsee hoch. Das Problem, mit dem ich nicht gerechnet habe, ist die kurze Touristensaison hier oben. Ich komme zu spät. Es ist Ende August und die Saison beendet. Diese Information habe ich im Internet nicht gefunden aber hier steht es auf einem vergilbten Zettel am schwarzen Brett. Verloren stehe ich an der Ablegestelle und frage mich, ob mein Buchprojekt nun scheitert. Alle Angebote sind eingestellt. Nicht nur die offizielle Fährverbindung von Haparanda Hamn aus, sondern auch das Touristenbüro in der Stadt. Telefone sind nicht mehr besetzt. Nicht einmal eine Internetrecherche hilft mir irgendwie weiter.

Ein Sandstrand mit Felsbrocken. Im Hintergrund im Meer ist die Hauptinsel Seskarö des Haparanda Skärgard Nationalparks zu sehen.
Scheinbar unerreichbar: Der Haparanda Skärgård Nationalpark am Horizont

Verzweifelte Suche

Am Abend suche ich mir erschöpft und frustriert einen Parkplatz für die Nacht an der großen Zufahrtsstraße zwischen dem Hafen und der Stadt Haparanda. Die Nacht ist unruhig, zu sehr beschäftigt mich die Suche nach einer Lösung. Sollte ich doch die Überfahrt mit dem Kajak wagen? Aber nach den Erlebnissen im Djurö Nationalpark traue ich mir das Unternehmen nicht zu. Alleine über viele Kilometer im Polarmeer in einem Gebiet unterwegs zu sein, das für seine tückischen Strömungen berüchtigt ist, traue ich mir nicht zu. Während früh am Morgen mein Kaffee auf dem Benzinkocher vor sich hin kocht komme ich mit einem Servicemann ins Gespräch.

Telefonstafette

Er gibt mir die ersten zwei Anlaufstellen, an die ich mich wenden kann. Dazu probiere ich weiter die Telefonnummer der Touristeninformation in Haparanda zu erreichen. Irgendwas wird doch zu machen sein. Die Touristeninformation ist aber weiter nicht erreichbar! Die anderen Nummern erreiche ich zumindest nach mehreren Versuchen. Keiner ist zuständig, gibt mir aber wieder eine neue Nummer…

Es ist zum Verzweifeln! Jedes Mal eine neue Nummer, jedes Mal etliche Versuche, bis Jemand ran geht. Am Schluss eine Stafette von 8 Nummern und ich habe immer noch keine Überfahrt. Langsam muss ich eine Entscheidung treffen. Ich gebe mir noch 2 Stunden, bevor ich mich ins unvermeidliche fügen will. Und dann habe ich tatsächlich den Mann an der Strippe, der mich am nächsten Tag mit dem Boot übersetzen wird.

Mit Kaj im Haparanda Skärgård Nationalpark

Am nächsten Morgen um Acht treffe ich Kaj bei seinem Boot. Schnell wird mir klar, dass ich mit ihm einen hervorragenden Fremdenführer habe. Der Sami kennt das Archipel von klein auf, zeigt mir die Seeadler und weiß spannende Geschichten von dem harten Leben hier draußen.

Provisorischer Anlegesteg mit einem Boot auf der Insel Seskarö im Haparanda Skärgard Nationalpark
Ein provisorischer Anlegesteg hilft beim Anlanden.

Die See ist ruhig und doch dauert die Überfahrt länger als gedacht. Zunächst müssen wir die Insel Seskarö umrunden. Die Sonne lacht heute aus einem ungetrübten Himmel. Kein gutes Fotolicht aber ein perfekter Ausflugstag. Kaj setzt mich an der Nordspitze von Sandskär, der Hauptinsel im Nationalpark ab. Er wird mich im Süden bei Kumpula wieder aufnehmen. Zuvor hat er mich jedoch mit einer ganzen Reihe von Tipps eingedeckt. Besonders hoffe ich auf eine Begegnung mit den recht zahmen Elchen.

Traumstrände und Steinpilze

Ich kann mich kaum satt sehen an der Landschaft. Einsame lange Strände. Bewachsene Sanddünen und herrliche Kiefernwälder. Ein wunderbarer Steinpilz wandert in meinen Rucksack. Immer wieder stoße ich auf die Spuren der Elche, teilweise sogar recht frische. Nur sie selber bekomme ich nicht zu Gesicht.

Das Stadion ist eine natürliche Formation aus Sanddünen im Haparanda Skärgard Nationalpark. Hindurch geht ein Weg auf Bohlen. An einer Weggabelung steht eine Bank.
Im Stadion

Imposant ist das „Stadion“, eine natürliche Formation aus Sanddünen, die sich wie die Tribünen eines übergroßen Stadions um eine Ebene gruppieren. Um die empfindliche Bodendecke zu schützen, wurden vielfach Wege aus Holzbohlen angelegt, die über die Insel führen. Mittlerweile ist es Mittag und die Sonne steht hoch am Himmel und wirft harte Schatten. Mir ist klar, dass meine Bilder bei dem Licht nicht annähernd den Zauber einfangen können, den ich bei dieser Tour empfinde.

Eingeladen bei einem Sami

Da ich mit Kaj eine ungefähre Zeit ausgemacht habe, muss ich auch weiter zur Südspitze der Insel nach Kumpula. Dort schaue ich mir noch die einfache Kirche an. Einmal im Jahr findet hier noch ein Gottesdienst statt. Dann mache ich mich auf die Suche nach Kaj mit seinem Boot. Auf dem Weg zum Steg winkt er mich von einem Haus heran.

Er ist bei einem Freund untergekommen und sogleich bin auch ich eingeladen. Frischer Fisch mit Knäckebrot, dazu ein Bier und dann gibt es Kaffee. Während wir dasitzen lausche ich gespannt den Geschichten vergangener und gegenwärtiger Tage. Die Elchgruppe hat ihren Leitbullen kürzlich verloren, nun sind die Tiere verunsichert. Deswegen habe ich sie nicht zu Gesicht bekommen.

Ein Weg führt über die schmale Landzunge am nördlichen Teil der Insel Seskarö im Haparanda Skärgard Nationalpark. Sanddorn mit seinen roten Früchten säumt den Weg.
Auf der schmalen Landzunge von Seskarö

Schwerer Abschied von Sandskär

Ich würde hier noch stundenlang sitzen können, um die ruhige und freundschaftliche Atmosphäre zu genießen. Die Geschichten, die nirgends geschrieben stehen und doch so viel über diese Inseln erzählen. Aber irgendwann heißt es Abschied nehmen. Kaj bringt mich nach einem unvergesslichen Tag zurück zu meinem Auto. Nicht ohne mich für den Winter einzuladen, wenn der Haparanda Skärgård Nationalpark einen ganz anderen Charakter annimmt und mit dem Schneemobil über die zugefrorene See erreichbar ist. Ich hoffe, dass ich dieses wunderbare Archipel auch einmal von dieser Seite erleben werde…

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