Immer wieder komme ich bei meinen Recherchen mit anderen Reisenden ins Gespräch. Nicht selten landen wir früher oder später auch bei meinem Beruf Reisejournalist und meinem Vorhaben, einen Reiseführer über die schwedischen Nationalparks zu schreiben.
Fast immer stoße ich damit auf ein reges Interesse aber oft auch auf eine ziemlich verklärte Vorstellung über die Arbeit als Naturfotograf und Buchautor. Nun stecke ich ja selbst in meinem ersten Projekt und vieles liegt auch für mich noch im Nebel. Und so wird diese lose Folge hier auch für mich so etwas wie ein Tagebuch. Ein Tagebuch, über das ich in zwei Jahren vielleicht selbst schmunzeln werde – oder die Hände über dem Kopf zusammen schlagen?
Wie persönlich darf man sein?
Lange habe ich darüber nachgedacht, wie persönlich diese Serie sein soll, ja sein darf. Einerseits mag ich es nicht, wenn man alles schön verpackt und die heile Welt nach außen darstellt. Andererseits macht es verletzlich, sich mit seinen Schwächen zu präsentieren. Ich möchte ehrlich sein, ohne einen Seelenstriptease hinzulegen.
Ich hoffe, dass mir das nicht um die Ohren fliegt. Vielleicht hilft es dem Ein oder Anderen in einer ähnlichen Situation. Andere werden es nicht nachvollziehen können. Dann lasst es doch einfach stehen! Meine Intention ist: Seid offen für Neues!
Burnout
In der Arbeit ging ich innerlich kaputt. Ich sah, wie so viele Kollegen, Lösungen aus der Krise aber in der Führungsebene machte man genau das Gegenteil. Jeden Tag funktionierten Dinge nicht mehr, weil irgendjemand wieder irgendetwas geändert hatte, ohne dass es einem mitgeteilt wurde. Wichtige Unterlagen änderten täglich den Speicherort oder die Benennung, Abläufe wurden geändert, ohne dass man hinterfragte, wie die Mitarbeiter bisher damit gearbeitet hatten. Und das jeden Tag.
Als Konstruktions- und Entwicklungsingenieur stand ich in der Nahtstelle vieler Abläufe. Die Prozesse wurden immer schlechter, an allen Ecken und Enden wurde das Geld für die immer gleichen Fehler wieder und wieder rausgeworfen. Ich landete im Burnout, die Firma in der zweiten Insolvenz binnen 5 Jahren.
50 Prozent Personalabbau und nach meiner Einschätzung keine Besserung in Sicht. Diesmal war ich dabei – freiwillig! Ich hatte genug, konnte nicht mehr und sah keine Chance in diesem Umfeld jemals meinen Burnout zu überwinden.
Auf der Suche nach einer Perspektive
Die Entscheidung dafür fiel mir nicht leicht. Auch ich habe meine Verpflichtungen, bin Familienvater und wo ist die Perspektive mit über 50 noch einmal neu anzufangen? Aber die Entscheidung verschaffte mir zunächst einmal Luft. Gut acht Monate in einer Transfergesellschaft mit 80 Prozent vom Gehalt. Ich konnte meinen Burnout auskurieren. Eine Kur absolvieren, Kräfte tanken. Und eine Perspektive entwickeln!
Die kam nicht über Nacht, es brauchte Geduld. Am Anfang war mir nur klar, ich wollte etwas neues machen, nicht mehr zurück in die Mühle immer schnellerer Projektabläufe und Entwicklungen, die immer weniger mit einem nachhaltigen Geschäftsbetrieb zu tun haben. Zunächst brauchte ich aber eine Aufgabe für die ersten Monate, die mir halfen aus dem Burnout raus zu kommen, ohne mich gleich wieder unter Druck zu setzen.
Vom Hobby zum Beruf Reisejournalist?
Ich entschied mich dafür, mit Instagram zu starten. Jeden Tag ein Bild. Fotografie war schon immer meine Leidenschaft und so war es zunächst einfach nur eine überschaubare Aufgabe ohne jeden Druck. Ich kam raus in die Natur und war mit etwas Schönem beschäftigt. Mit Etwas, dass mir keinerlei Stress bereitete. Und irgendwie hatte ich auch schon im Hinterkopf, dass die Fotografie zumindest ein Teil meines neuen Jobs sein könnte.
2020 ging es dann mit der Familie in den Urlaub nach Schweden. Doch auch hier zündete die Idee noch nicht einen Beruf daraus zu machen und Reisejournalist zu werden. Dennoch, der Urlaub half, den Burnout nach sechs Monaten endgültig hinter mir zu lassen. Erst, als ich wieder zuhause war, war ich in der Lage, ernsthaft über meine berufliche Zukunft nachzudenken und einen Plan zu entwickeln. Und so mündeten die Erfahrungen dieses Urlaubs durch viele Gespräche und über viele kleine Zwischenschritte in die Idee, ein Buch über die schwedischen Nationalparks zu schreiben.
Warum gibt es so wenig Naturreiseführer?
Zwei Nationalparks hatten wir in diesem Urlaub eher zufällig besucht und einer hatte uns wirklich begeistert: Tiveden. Im Store Mosse hatten wir leider etwas Pech mit dem Wetter.
Aber warum standen die Nationalparks eigentlich nicht schon bei der Urlaubsplanung auf der Liste? Warum ist es so schwer, Informationen zu bekommen, die einem bei der Auswahl helfen? Und warum werden sie in den Reiseführern so stiefmütterlich behandelt?
Ein Grund, warum ich die Parks nicht selbst auf dem Schirm hatte, mag sein, dass ich die Entstehung des Nationalparks Schwarzwald verfolgt hatte. Dort setzte man eine ideologisch und politisch motivierte Aussperrung der Bevölkerung durch. Für sie waren große Teile ohne sachlich nachvollziehbare Gründe plötzlich tabu, während Forstwirtschaft und Jagd munter weiter ihren Interessen nachgingen.
Die schwedischen Nationalparks bieten aber viel mehr Möglichkeiten und kommen mit viel weniger Verboten aus. Die Unterschiede werde ich vielleicht in einem separaten Beitrag beleuchten.
Erste Recherchen
Die Idee, Reisejournalist zu werden und ein Buch über die schwedischen Nationalparks zu schreiben, war geboren und mit meiner wiedererlangten Kraft sprühten die Ideen für ein völlig neues Konzept für einen Reiseführer. Zunächst sondierte ich den Markt. Gab es wirklich keine Reiseführer zu dem Thema oder hatte ich sie nur übersehen? War es wirklich so schwierig im Internet Informationen zu sammeln oder war ich schlichtweg zu blöd dazu?
Je länger ich recherchierte und je mehr ich mir über mein eigenes Konzept klar wurde, um so überzeugter wurde ich, dass ich meine Nische finden würde. Mir wurde aber auch zunehmend bewusst, welche Herausforderungen vor mir standen. Das fing bei der Organisation der Reisen an, ging über die ganzen organisatorischen Fragen der Firmengründung und hörte beim Buchsatz und der Druckvorbereitung noch lange nicht auf!
Großes Kopfzerbrechen bereitet mir nach wie vor der Zugang zum deutschen Buchmarkt, da mir schnell klar wurde, dass ich überhaupt nur mit einem Eigenverlag bestehen könnte. Aber darüber werde ich in den nächsten Folgen berichten…